Herzenswunsch als roter Faden.

Von Ingrid Nicolai IDSTEIN - Wie ein roter Faden begleitete die Kunst ihr bisheriges Leben – manchmal freilich nur als Herzenswunsch. Schon als Kind wollte Reike Veldman Kunst studieren, wovon ihr Vater aber wenig begeistert war. Die älteste von sechs Kindern sollte „etwas Ordentliches lernen“. Hauswirtschaft war ordentlich genug, und daraus erwuchs nach und nach ihre Tätigkeit als Oberstudienrätin. An den Beruflichen Schulen in Taunusstein unterrichtete sie Physik, Chemie und Englisch, sie erzählt von praxisnahem, fächerübergreifendem Unterricht, bei dem Physik beispielsweise mithilfe eines Dampfkochtopfs erklärt wurde. Für die Kunst blieben die Ferien, wurden Kurse im Malen und Töpfern besucht, was den Hunger nach mehr kreativem Schaffen aber eher noch verstärkte. Mit der Idee, vom Gänsberg in die Altstadt zu ziehen, wurde Vieles anders im Leben der heute 73-Jährigen. In dem historischen Anwesen in der Borngasse 23, das 1704 vom Hofschreiner Johann Michel erbaut wurde, der Idsteiner Familie Merz bis 1900 als Brauhaus diente und später beliebte Gastwirtschaft wurde, steckte nicht nur ein bewegendes Stück Stadtgeschichte, sondern auch jede Menge Arbeit. „Sechs Jahre haben wir allein am Vorderhaus gebaut“, erzählt sie von einem Projekt, das zur Belastungsprobe wurde. 1999 dann der Tiefschlag: ein verheerender Dachstuhlbrand. Aber Reike Veldman gab nicht auf, und aus den Trümmern entstand mit Unterstützung ihrer Tochter Antje, einer Architektin, etwas, das sie ihrem lang gehegten Herzenswunsch wieder ein Stück näher brachte. Sie schuf vor neun Jahren mit dem „Speicher“ im Hinterhaus einen Ort, in dem sich Künstler aus der Region zum Selbstkostenpreis präsentieren können. Sieben Gästebücher und rund 260 Plakate zeugen von bewegten Jahren, in denen deutlich wurde: Kunst hat viele Gesichter. Schauspieler, Musiker, Maler, Autoren und Bildhauer schätzen das besondere Ambiente, und auch die Besucher kommen aus der ganzen Region.

Reike Veldman

Eine Erfolgsgeschichte? „Werbung musste ich unter den Künstlern nie machen“, erzählt sie. Mit ihrer Idee, in Idstein ein Netzwerk Kulturschaffender zu gründen, das auch von der Stadt unterstützt und gefördert wird, ist sie aber nie wirklich weitergekommen. Und so ist auch das „Projekt Kunstmeile“ wieder in der Schublade verschwunden.



„Ich werde es noch einmal bei unserem neuen Bürgermeister versuchen“, hat sie noch nicht aufgegeben, spielt aber auch mit dem Gedanken, im nächsten Jahr, also zum zehnjährigen Bestehen, den „Speicher“ zu schließen. Die hiesige Kunstszene sei in den vergangenen Jahren gewachsen, die Rolle ihres „Speichers“ habe sich verändert. Aber vielleicht ist das ja auch eine Chance für sie, endlich mehr Zeit für ihr eigenes kreatives Schaffen zu haben und ihren Herzenswunsch zu nähren.




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